Zwei Brüder, ein Bier

Serie (1. Teil) Noch in der Schule gründen Maximilian und Dominic Kauk eine Firma und brauen das „Landsberger Gold“. Sie knüpfen damit an eine fast vergessene Tradition an

Aus Anlass des 500-jährigen Bestehens des Reinheitsgebotes in Bayern starten wir eine Serie zum Thema Bier. Unsere Redakteurinnen und Redakteure versuchen, den Geheimnissen des Gerstensaftes in der Region auf die Spur zu kommen. Diese Bier-Geschichten aus Schwaben und Oberbayern ranken sich um interessante Menschen, die mit Innovationen – ob im Marketing oder dank neuer Rezepturen – das Produkt für die Zukunft interessant machen.

Augsburg Früher hat sich Maximilian Kauk beim Weggehen manchmal einen Spaß erlaubt. Er ist dann zu fremden Jugendlichen hingegangen. „Du trinkst mein Bier“, hat er zu ihnen gesagt und gegrinst, wenn er in ihre verwirrten Gesichter blickte. „Schau mal aufs Etikett“, legte er nach, „da unten, das ist mein Name.“ Kein Großkonzern aus München oder Bremen. Sondern: Dominic Kauk & Maximilian Kauk GbR, 86899 Landsberg. So steht es geschrieben auf dem Bier. Ihrem Bier, dem „Landsberger Gold“.

Maximilian und Dominic Kauk sind Brüder. Der Jüngere, Maximilian, groß, ruhig, gelassen. Der Ältere, Dominic, spricht schneller, manchmal sprudeln die Sätze aus ihm heraus. Die beiden stehen im Sudhaus der Augsburger Brauerei Thorbräu: Fliesenboden, kupferfarbene Kessel, gegen die Panoramafenster schlägt der April-Regen.

Ihr Bier lassen sie hier brauen, es ist ein klassisches Helles. Die Brüder sind keine Brauer, das verhehlen sie nicht. Bier-Unternehmer trifft es schon eher. Ihre Firma haben sie gegründet, als beide noch zur Schule gingen. In einem Alter, in dem manch einer mit dem Biertrinken erst beginnt, haben sie sich mit Produktionsmengen, Lieferscheinen und Paragrafen beschäftigt.

Der Hopfen für das „Landsberger Gold“ kommt aus der Hallertau, das Wasser aus dem Thorbräu-Brunnen – aber das Rezept stammt aus Landsberg, 19. Jahrhundert. 8000 bis 12000 Liter produzieren sie im Jahr. Auch ein Grund, warum sie mit der Augsburger Brauerei zusammenarbeiten. Dominic Kauk lacht. „Für solche Mengen werfen große Brauereien noch nicht mal ihre Maschinen an.“

Vor den Kesseln des Thorbräu spricht Kauk jetzt über die Entstehung des „Landsberger Golds“. Es sind schöne, wohlüberlegte Sätze, die er da sagt. Dass das Ganze „mehr als ein Hobby“ sei, dass sie da „sehr, sehr viel Herzblut“ reinstecken. Man merkt, dass Kauk viele dieser Sätze schon öfter gesagt hat, dass er häufig nach diesen Themen gefragt wird. Das liegt daran, dass die Geschichte von den Brüdern und ihrem Bier nicht alltäglich ist. Es ist eine besondere Geschichte. Sie handelt von einer guten Idee, von Fleiß und einer kleinen Portion Übermut.

Die Geschichte beginnt vor knapp neun Jahren. Dominic Kauk ist damals 16, sein Bruder Maximilian ein Jahr jünger. Beide besuchen das Ignaz-Kögler-Gymnasium in Landsberg. Dominic Kauk gründet gemeinsam mit anderen Schülern eine Firma. Alle Jahrgänge machen das so, es ist Teil des Fachs „Wirtschaft und Recht“. Die Schüler sollen lernen, was es heißt, ein Unternehmen zu führen. Aber nicht nur so ein bisschen, sondern richtig: Sie wählen einen Vorstand und jeder muss eine Einlage zahlen.

Die Schüler suchen nach einem Produkt, das sie vermarkten können, es soll einen Bezug zu Landsberg haben. Sie wälzen also Geschichtsbücher, verbringen Stunden im Stadtarchiv. Und stoßen auf etwas, das fast vergessen war: Dass Landsberg eine lange Geschichte als Stadt des Bieres, der Brauer und der Bierkeller hat.

Schon 1509, sieben Jahre vor Einführung des Bayerischen Reinheitsgebots, hatte Landsberg seine eigene Brauverordnung. Die Stadt war ein Knotenpunkt, ein Magnet für Händler, die über die Salzstraße reisten, und für die Flößer, die den Lech hinabfuhren. Rund 20 Brauer gab es zu dieser Zeit in Landsberg, das damals nur knapp 4000 Einwohner zählte. Ihren Höhepunkt erreichte die Brautradition in der Stadt im 18. Jahrhundert. Die letzte Brauerei, Waitzingerbräu, wurde im Jahr 1977 abgerissen.

2010 kauft Dominic Kauk der mehreren Schülern gehörenden Firma das Biergeschäft ab. Der Bruder steigt mit ein, beide müssen einige hundert Euro als Einlage zahlen. Maximilian Kauk ist da gerade 17 Jahre geworden. Für die Einlage geht sein Geburtstagsgeld drauf. Das ist der Punkt, an dem ein wenig Übermut ins Spiel kommt. „Kannst du dir das vorstellen?“, hat er damals manchmal seinem Bruder gefragt und hinzugefügt: „Wir haben eine eigene Firma.“

Was dann folgt, könnte man als die Lehrjahre der Brüder bezeichnen. Plötzlich beschäftigen sie sich mit Dingen, an die sie früher nie gedacht haben. Sie brauchen ein Logo, müssen sich bei Kunden vorstellen, sich fragen, wie sie Werbung für ihr Bier machen sollen. Sie lernen, dass ihnen bei einer so geringen Produktionsmenge niemand rentabel Kronkorken bedruckt. Und wie sehr es ins Geld gehen kann, wenn die Käufer die Kästen nicht zurückgeben.

Noch heute kostet das „Landsberger Gold“ die beiden viel Zeit. Ungefähr alle zwei Wochen bringt ein Thorbräu-Lastwagen ihnen 80 neue Kisten nach Hause. Das Bier lagert in der Garage der Eltern. Die Brüder liefern das Bier selbst aus. 21 Kästen passen in ihren alten Passat. „Maximalbeladung“, sagt Maximilian Kauk und grinst.

In dem Auto bringen sie das Bier dann zu Privatkunden in Landsberg und im Landkreis, außerdem in eine Landsberger Bar, ein Café und mehrere Supermärkte. Das Bier, der Bezug zur Heimatgeschichte, das kommt in Landsberg einfach sehr gut an. Ein Markt-Leiter hat in seinem Geschäft sogar aus Paletten das Landsberger Bayertor nachgebaut, das auf dem Etikett des Bieres zu sehen ist.

Die Zeit, die die Brüder für ihr Bier haben, wird nicht mehr. Dominic Kauk studiert Jura, Maximilian hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert, seit einiger Zeit arbeitet er. Manchmal sitzen sie bis ein Uhr nachts am Computer und beantworten Kunden-Mails. Einen Lohn zahlen sich die Brüder nicht aus. „Wir gehen einfach gerne ab und zu in unsere Garage“, sagt Maximilian Kauk. Ihr eigenes Bier zu trinken, das sei doch irgendwie auch eine Belohnung.

(Quelle: Landsberger Tagblatt)